Tarifabschluss in schwierigen Zeiten
Auf Tarifauseinandersetzungen in Zeiten der Pandemie hätten wir gerne verzichtet. Aber die Arbeitgeber hatten unser Angebot zur Verschiebung ausgeschlagen und uns mit ihrer harten Haltung in den Konflikt gezwungen.
Respektabler Abschluss und erfolgreiche Abwehr von Angriffen
Ihr habt in den letzten Wochen Großartiges geleistet! Ihr wart deutlich sichtbar: coronagerecht phantasievoll, laut und vor allem entschlossen. Die Warnstreiks haben gewirkt! Wir konnten eine Tarifeinigung erzielen, die unter den gegenwärtigen Bedingungen wirklich respektabel ist. Und ein riesen Erfolg ist, dass wir die Angriffe der Arbeitgeber, die die Axt an das Eingruppierungssystem legen wollten, abwehren konnten.
Die gegenwärtigen Bedingungen waren wahrlich nicht auf unserer Seite. In vielen Branchen haben sie Gewerkschaften zu Notlagentarifverträgen, zu Nullrunden oder zur Unterbrechung von Tarifrunden gezwungen. Auch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind ganzunterschiedlich von den Folgender Krise betroffen. Die Arbeitgeber haben versucht, die Situation auszunutzen und uns gegeneinander auszuspielen. Das haben sie nicht geschafft! Wir haben eine Einigung erzielt, die die besondere Situation berücksichtigt und ein Zeichen für Solidarität setzt.
Entgelterhöhungen mit sozialer Komponente, Laufzeit bis Ende 2022
Die Arbeitgeber hatten eine sehr lange Laufzeit bis Ende 2023 gefordert und für die nächsten beiden Jahre nur eine Erhöhung der Tabellenentgelte von jeweils 1 Prozent. Hier konnten wir spürbare Verbesserungen erreichen:
Die Tabellenentgelte werden:
- ab dem 1. April 2021 um 1,4 Prozent, mindestens aber 50 Euro und
- ab dem 1. April 2022 um 1,8 Prozent steigen
- Laufzeit bis 31. Dezember 2022.
Der Mindestbetrag in Höhe von 50 Euro bedeutet bis in die Entgeltgruppe 11, Stufe 2 eine Erhöhung, die über 1,4 Prozent liegt.
Es wird eine nach Entgeltgruppen gestaffelte Corona-Prämie geben, die noch dieses Jahr ausgezahlt wird. Sie beträgt:
- 600 Euro für die Entgeltgruppen 1 bis 8
- 400 Euro für die Entgeltgruppen 9 bis 12 und
- 300 Euro für die Entgeltgruppen 13 bis 15.
Die Prämie ist steuer- und abgabenfrei, sofern nicht bereits Prämien ausbezahlt wurden und in der Summe 1.500 Euro nicht überschritten werden.
Zusätzlich wird für die Entgeltgruppen 1 bis 8 die Jahressonderzahlung ab 2022 um 5 Prozent erhöht. Die Kolleg*innen in Ostdeutschland erhalten ab 2022 bereits eine Erhöhung um 6 Prozentpunkte aus der schon früher vereinbarten Angleichung der Jahressonderzahlung Ost-West. Für sie erfolgt die jetzt vereinbarte zusätzliche Erhöhung in zwei Schritten: um 2 Prozent ab 2022 und 3 Prozent ab 2023.
Verbesserungen für Azubis
Auszubildende und Praktikant* innen erhalten zum 1. April 2021 und 2022 jeweils eine Erhöhung von 25 Euro und für 2020 eine Corona-Prämie von 225 Euro im Bereich der Kommunen und 200 Euro beim Bund.
Neben der Verlängerung der Regelung zur Übernahme von Azubis ist es außerdem gelungen, in die Tarifierung der praxisintegrierten Studiengänge einzusteigen. Zeitnah sollen Verhandlungen aufgenommen werden.
Jetzt seid ihr gefragt!
Dieses Ergebnis, das in normalen Zeiten sicherlich anders ausgesehen hätte, war nur möglich, weil wir uns weder von den Arbeitgebern, noch von der Pandemie haben kirre machen lassen. Die Bundestarifkommission hat die Tarifeinigung mit großer Mehrheit zur Annahme empfohlen. Die Erklärungsfrist läuft bis 26. November 2020. Wir wollen bis dahin mit euch das Ergebnis diskutieren. Nutzt auch ihr diese Gelegenheit, um mit euren Kolleginnen und Kollegen – sei es persönlich in Betrieb oder Dienststelle oder sei es virtuell – den unter besonderen Bedingungen erreichten Abschluss zu diskutieren. Werbt dafür, dass wir gemeinsam etwas erreicht haben und gemeinsames Engagement und Solidarität erst recht in der Pandemie wichtig sind.